Die Zukunft der Beruflichen Vorsorge: BVG-Reform im Fokus

9 August 2024
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Abstimmung 22. September

Reform der Beruflichen Vorsorge

Nach der Annahme der AHV-Reform steht nun eine weitere wichtige Abstimmung bevor: Am 22. September 2024 wird über die BVG-Reform (BVG 21) entschieden.

Die Berufliche Vorsorge in der Schweiz steht vor tiefgreifenden Veränderungen, denn mit der Reform soll das System an die aktuellen demografischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten angepasst werden. Dieser Artikel bietet eine Übersicht, um Ihnen bei der Bildung einer fundierten Meinung zu helfen.

Notwendigkeit der Reform

Eine Anpassung der 2. Säule ist erforderlich, um die Zukunftsfähigkeit des Systems zu gewährleisten. Denn die Bevölkerung altert, und die Lebenserwartung steigt kontinuierlich. Dies führt zu längeren Rentenbezugsdauern und stellt das bisherige System vor Herausforderungen. Hinzu kommen Finanzierungslücken, da die aktuellen Altersguthaben aufgrund der gesetzlichen Rentenumwandlungssätze nicht ausreichend sind, um die Rentenansprüche langfristig zu sichern. Zudem werden Teilzeitbeschäftigte im heutigen System stark benachteiligt.

Geplante Änderungen in der beruflichen Vorsorge

01
Reduktion des Umwandlungssatzes

Der Umwandlungssatz soll von 6.8% auf 6.0% gesenkt werden, um die Renten den tatsächlichen wirtschaftlichen Bedingungen anzupassen.

Sinkt der BVG-Mindestumwandlungssatz, betrifft dies etwa 14% aller Versicherten, da sie lediglich gemäss BVG-Minimum versichert sind.

Viele Pensionskassen führen nämlich aufgrund von überobligatorischen Zahlungen und Altersguthaben bereits einen tieferen Umwandlungssatz, sodass die meisten Versicherten davon nicht betroffen sind.

02
Einführung eines Rentenzuschlags

Ein lebenslanger Rentenzuschlag, finanziert aus einem Solidaritätsfonds, soll die Senkung des Umwandlungssatzes kompensieren.

Arbeitnehmende, die in den ersten Jahren nach Inkrafttreten der Reform pensioniert werden (sogenannte Übergangsgeneration), erhalten je nach Jahrgang und Höhe des Vorsorgeguthaben einen Rentenzuschlag. Damit werden die bisherigen Leistungen auch für die Übergangsgeneration erhalten.

Rund 25 Prozent der betroffen 15 Jahrgänge der Übergangsgeneration erhalten einen vollen und weitere 25 Prozent einen reduzierten Rentenzuschlag. Etwa die Hälfte der Versicherten verfügt über ein Altersguthaben von mehr als 441’000 CHF oder erfüllt die weiteren Kriterien nicht, weshalb sie keinen Anspruch auf den Rentenzuschlag haben. Für die 15 Übergangsgenerationen summieren sich die Rentenzuschläge schweizweit kapitalisiert auf ca. 11,3 Mrd. CHF.

03
Erhöhung der Sparbeiträge und Glättung der BVG-Altersgutschriften

Die BVG-Reform plant eine Vereinfachung und eine flachere Staffelung der Altersgutschriften.
Die Beitragssätze der Altersgutschriften sollen für verschiedene Altersgruppen auf 9% und 14% des BVG-pflichtigen Lohnes gesenkt werden. Bei Versicherten unter 34 Jahren wird der Beitragssatz hingegen erhöht auf 9 Prozent.

In Kombination mit dem tieferen Koordinationsabzug (Punkt 4) werden aber insgesamt Beiträge auf einer höheren Lohnsumme geschuldet.

04
Anpassung des Koordinationsabzugs

Der Koordinationsabzug soll auf 20% des AHV-Jahreslohnes festgelegt werden, anstatt bisher auf CHF 25’725. Das Ziel ist, sicherzustellen, dass stets 80 % des jeweiligen Lohnes versichert sind, bis zur BVG-Lohnobergrenze von 88’200 CHF.

Dies soll insbesondere Teilzeitarbeitenden und niedrigeren Einkommen zugutekommen.

05
Senkung der Eintrittsschwelle

Die Eintrittsschwelle für die obligatorische berufliche Vorsorge soll von CHF 22’050 auf CHF 19’845 pro Jahr gesenkt werden. Die betroffenen Personen erhalten Zugang zur beruflichen Vorsorge bzw. eine bessere Versicherung.

Durch die vorliegende BVG-Reform werden rund 70’000 Arbeitnehmende neu sowie 30’000 Mehrfachbeschäftigte für zusätzliche Anstellungsverhältnisse obligatorisch versichert.

Vor- und Nachteile der Reform

Vorteile der Reform

Die Reform verspricht potenzielle Vorteile für Versicherte und Arbeitgeber:

Für Versicherte:

  • Langfristige Stabilität: Jüngere Versicherte könnten von stabileren Pensionskassen und gesicherten Rentenansprüchen profitieren.
  • Bessere Absicherung für Teilzeitarbeitende: Die Senkung des Koordinationsabzugs
    führt zu einer Besserstellung von Teilzeitmitarbeitenden. Sie profitieren von einem tieferen Koordinationsabzug und einer höheren versicherten Lohnsumme.
  • Gezielte Kompensation für ältere Versicherte des Jahrgangs 1961-1975 mit einem Guthaben unter CHF 441’000: Ein lebenslanger Rentenzuschlag könnte mögliche Renteneinbussen verhindern.
  • Erweiterte Versicherung: Durch die Senkung der Eintrittsschwelle könnten etwa 70’000 zusätzliche Arbeitnehmende und 30’000 Mehrfachbeschäftigte in die berufliche Vorsorge einbezogen werden

Für Arbeitgeber:

  • Langfristige Planungssicherheit: Die Reform könnte stabilere Rahmenbedingungen für die berufliche Vorsorge schaffen.

Nachteile der Reform

Die geplante Reform der beruflichen Vorsorge wirft jedoch auch potenzielle Herausforderungen und Nachteile auf, die sorgfältig abgewogen werden müssen.

Für Versicherte:

  • Höhere Beiträge: Versicherte müssten sich auf höhere Beiträge einstellen.
  • Komplexität: Die neuen Regelungen könnten zu Verunsicherung führen und eine intensive Auseinandersetzung erfordern.

Für Arbeitgeber:

  • Erhöhte Kosten: Insbesondere durch die Anhebung der Altersgutschriften entstehen höhere Beiträge.
  • Verwaltungsaufwand: Die Anpassungen in der Verwaltung der Pensionskassen könnten kurzfristig zu erhöhtem Aufwand führen.
  • Fehlanreize für selbstständiges Vorsorgesparen bei einem Alterskapital nah bei CHF 441‘000

Fazit zur BVG-Reform

Die BVG-Reform zielt darauf ab, die berufliche Vorsorge in der Schweiz zukunftssicher zu gestalten. Sie bringt sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich und erfordert eine sorgfältige Abwägung der Interessen aller Beteiligten. Es bleibt abzuwarten, ob die Reform angenommen oder abgelehnt wird.